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Strom für Verwaltung und Firmen intelligent steuern

Sep 15, 2020

Wenn Axel Mansilla von Lastspitzen und Datenanalyse spricht, kommt der Peruaner in Fahrt. Im Ingenieurbüro für Energiewirtschaft (IfE) hat der ehemalige Werkstudent von der Hochschule Schmalkalden seine Masterarbeit geschrieben – über künstliche Intelligenz.
Von Erik Hande

Steinbach-Hallenberg – Die IfE GmbH betreut deutschlandweit 85 Erdgas- und Stromnetze, hält Dienstleistungen für 50 Stadtwerke und zahlreiche mittelständische Unternehmen bereit. „Wir bekommen massenhaft Daten von Stadtwerken, verarbeiten und prüfen diese“, schildert Ingenieur Dirk Schramm. Sie werden analysiert, um beispielsweise Probleme zu erkennen und Potenziale zu filtern, die die Stromversorgung der Unternehmen optimieren würde.

Alle Viertelstunde erfolgt daher bei Kunden mit einem Verbrauch von mehr als 100 000 kWh automatisch eine Erhebung der Lastdaten. Das sind an einem einzigen von hunderten Messpunkten je Kunde jährlich 35 040 Daten. Diese Menge kann man nicht allein mit dem menschlichen Gehirn oder dem Computer schnell und zuverlässig verarbeiten.

Dafür braucht es künstliche Intelligenz (KI). Man habe sich schon zwei, drei Jahre damit befasst, wie Daten effizienter verarbeitet werden können. „An künstliche Intelligenz haben wir dabei aber in keiner Weise gedacht“, schildert Schramm. Schließlich ließ sich das kaufmännische und technische Regulierungsmanagement für die Kunden mit den bisherigen Computerprogrammen immer noch annehmbar realisieren, es war halt aufwändig.

Erster Kontakt auf Messe

In dieser Zeit saß Axel Mansilla in den Vorlesungen, die Dr. Schramm als Gastdozent an der Hochschule Schmalkalden hielt. Der Student aus Peru hatte sich schon lange für künstliche Intelligenz und ihre Anwendung interessiert und bereits seine Bachelorarbeit diesem Thema gewidmet. Im Unternehmen seines Dozenten sah er die Chance, das Thema in einer Masterarbeit fortsetzen zu können. Auf der Karrieremesse der Hochschule kam voriges Jahr der erste offizielle Kontakt zwischen dem Energiedienstleister und Axel Mansilla zustande, erinnert sich Maximilian Schramm. Der kaufmännische Leiter der IfE GmbH ist unter anderem für Personalfragen zuständig.

Parallel zu diesen Gesprächen entwickelte sich 2019 in der Energiebranche immer mehr die Einsicht, dass man künftig nicht ohne künstliche Intelligenz auskommen kann. KI werde benötigt, um Daten schneller zu verarbeiten, Netze zuverlässig zu steuern und Abnehmer in Industrie, Handwerk sicher mit Strom versorgen zu können, lautet inzwischen der einhellige Tenor in der Branche.

Den größten Nutzen verspricht künstliche Intelligenz beim Handling und Auswerten der immensen Datenmengen. Wenn, wie bei IfEKunden täglich, an 3000 Messpunkten alle Viertelstunde Lastdaten abgerufen werden, dann kann nur KI helfen, diese millionenfache Datenflut zu verarbeiten.

Der Gedanke gewann in den Gesprächen mit Axel Mansilla praktische Konturen, letztlich zum Vorteil der Kunden. Firmen haben, wie Privathaushalte, einen Energieversorgungsvertrag mit einem Stromanbieter abgeschlossen. Wenn allerdings Unternehmen mit hohem Energieverbrauch, zu bestimmten Zeiten im Jahr, besonders viel Strombedarf haben, dann kann die Investition in eine Energieeffizienzmaßnahme sinnvoll sein, schildert Mansilla.

Datenanalyse hilft sparen

Schließlich lassen sich Energieversorger das Vorhalten der Maximalleistung gut bezahlen. Daher könnte ein Unternehmen sparen, wenn es einen niedrigeren Tarif wählt und Spitzenlasten mit einem eigenen Batteriespeicher abfängt. Womöglich empfiehlt es sich sogar, eine Solaranlage oder ein Blockheizkraftwerk zu errichten und den Strom selbst zu erzeugen.

Ob und in welcher Größenordnung das zu empfehlen ist, dies lässt sich aus der jeweiligen Datenanalyse herausfiltern. „Wie bei einem EKG sieht man, ob es zu Engpässen oder Problemen kommen kann“, schildert Dirk Schramm die Analyse, die mittels KI nun automatisch erfolgen kann. Für das Ingenieurbüro ist eswiederum vorteilhaft, Kunden frühzeitig auf mögliche Engpässe in der Versorgung oder Einsparpotenziale aufmerksam machen zu können. Das stärkt die Kundenbindung.

Die dreimonatige Masterarbeit wurde seitens der Hochschule durch Professor Silvio Bachmann betreut. Ergebnisse aus dieser Arbeit und das Leistungsspektrum der IfE stellte Axel Mansilla kürzlich unter anderem auf einer virtuellen Messe in ganz Südamerika vor.

Neue Erfahrungen sammelte die IfE GmbH mit ihren 35 Beschäftigten in den vergangenen Monaten auch in Sachen mobiles Arbeiten. Mit der Corona-Pandemie war Abstand halten im eigenen Unternehmen nötig. So wurden die bisher in Steinbach Hallenberg konzentrierten Mitarbeiter auf alle drei Firmenstandorte verteilt und die Büros in Meiningen und Erfurt sowie das Arbeiten daheim
stärker genutzt.

„Wir haben in die IT investiert und so ließen sich die meisten Probleme gut lösen“, schildert Dirk Schramm.

Nun werde man sukzessive schauen, wie Mitarbeitern das mobile Arbeiten weiterhin ermöglicht werden kann, um Beruf und Familie besser vereinbaren zu können. Alle Bausteine zusammen, vom Einsatz künstlicher Intelligenz bis zur mobilen Arbeit, seien ein Stück im Puzzle, um die Energiewende realisieren zu können. „Ohne den Einsatz von KI ist der nicht zu schaffen“, ist Dirk Schramm überzeugt.

 

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